Dai due mondi
für einen improvisierenden Trompeter und Ensemble
UA 18.09.2020, Museum Potsdam
Die grundlegende Idee des Stückes ist die Gegenüberstellung und Interaktion des Improvisators (Trompeters) mit dem Ensemble (Quintett), welches ausschließlich ausnotiertes Material spielt.
Der Improvisator ist in seinen musikalischen Entscheidungen vollkommen frei. Er kann sich zu einer engen, direkten Interaktion mit dem Ensemble entscheiden oder im Gegenteil in Kontrast zu diesem gehen oder zwischen diesen beiden Haltungen alternieren oder vermitteln. Er kann nach freier Entscheidung zu spielen beginnen, pausieren und enden. Zur Information erhält der Improvisator eine Übersichtsstimme, die in der Art eines Klavierauszuges (nur mit noch deutlich verringertem Detailliertheitsgrad) den allgemeinen Verlauf der Komposition darstellt. Diese Stimme gibt absichtlich keinen Aufschluss über Harmonik, Klangfarben oder genaue Rhythmik, um die entscheidende mentale Haltung des Improvisierens – das nur aufs Hören bezogene momentane Agieren und Reagieren – nicht zu stören.
Die Musiker des Ensembles halten sich strikt an den Notentext. Allerdings haben sie gemeinsam oder durch einen gewählten Ensembleleiter*in die Möglichkeit und Aufgabe, die Binnenform des Stückes vor allem auf klanglicher Ebene zu gestalten.
Die Komposition gliedert sich in drei Teile A – B – C, die stets in dieser Reihenfolge gespielt werden. Jeder der Teile liegt jedoch in drei Varianten vor (z.B. A1, A2, A3), aus denen das Ensemble spontan bei der Aufführung je eine Variante auswählt. Die Entscheidung ist dann für alle Spieler bindend, sodass das nicht verschiedene Varianten des gleichen Teils gleichzeitig
erklingen. Durch diese Disposition ergibt es sich, dass es 33 = 27 Möglichkeiten gibt die Form des Stückes zu gestalten. Es ist wünschenswert, dass das Stück bei jeder Aufführung in einer anderen Version, also mit einer anderen Kombination der verschiedenen Varianten der Teile A, B und C gespielt wird.
Die häufigen Fermaten bieten eine weitere Möglichkeit zur Interaktion mit dem Spielfluss des Improvisators.
Der Oboe fällt eine gewisse Sonderrolle zu. Im Teil A pausiert sie, im Teil B gliedert sie sich ins Ensemble ein, im Teil C wird sie zur Duo-Partnerin der Trompete. Dazu steht der Oboistin eine Auswahl von Aktionen zur Verfügung, die auf einem Extrablatt im Anhang der Partitur notiert sind. Dieses Blatt gilt für jede Variante des Teils C unabhängig davon, für welche Variante sich das Ensemble entscheidet. Die Aktionen können frei gewählt, aneinandergefügt oder mit Pausen voneinander getrennt gespielt werden. Jede Aktion sollte jedoch möglichst nur einmal pro Aufführung in Erscheinung treten. Das Tempo ist dabei grundsätzlich frei und kann von Aktion zu Aktion variieren. Wichtig ist immer der Bezug zur Improvisation der Trompete, wobei auch hier wieder das ganze Kontinuum von direkter Interaktion bis hin zu größtmöglichem Kontrast zur Verfügung steht.