surfaces_mirrors

für Schlagzeug und Klavier
UA 05.09.2023, Unerhörte Musik (Berlin)

Das Duo für Schlagzeug und Klavier besteht aus drei Sätzen und stellt in gewisser Weise eine Weiterentwicklung meiner fünf Filterskizzen für präpariertes Klavier solo dar, welche ich 2021 mithilfe des Arbeitsstipendiums Neue Musik komponiert habe. Die Komposition behandelt beide Instrumente als Objekte mit Oberflächen (surfaces) von unterschiedlicher Beschaffenheit. Durch mannigfaltige Präparationen nähert sich das Klavier den klanglichen Eigenschaften des Schlagzeugs an und wird so zu dessen Spiegel (mirror), worauf das Schlagzeug wiederum mit einer Spiegelung pianistischer Spieltechniken und -idiome reagiert.
Der erste Satz entwickelt sich aus dem Diskurs dreier sehr unterschiedlicher musikalischer Charaktere. Der erste Charakter stellt einen vorantreibenden, energetischen Puls vor, der auf unvorhersehbare, fast scherzhafte Weise durch Akzente gruppiert wird. Klanglich dominieren die Polyblocks (Woodblocks), die in der mit Klebeband gedämpften höchsten Lage des Klaviers ihr Pendant findet. Dem gegenüber stehen massive, homophone Akkorde in der Mittellage des Klaviers, welcher durch Alufolie und Metallketten auf den Saiten eine schnarrende Klanglichkeit verliehen wird und sich so mit der kleinen Trommel in Verbindung setzt.
Zuletzt erscheint ein weicherer, getragener Charakter, der durch das Tamtam eingeleitet wird und sich dann im Wechselspiel der Thaigongs und des tiefen Klavierregisters, dessen Saiten auf Schwingungsknotenpunkten der Flageolette mit Würfelmagneten präpariert sind, entfaltet.
Der zweite Satz macht ausschließlich von den bereits erwähnt Vibratoren Gebrauch, welche auf unterschiedlichste Art und Weise am Instrumentarium angebracht werden. Im Klavier liegen sie (in von mit selbstangefertigten Schalen) auf den Saiten, auf dem Resonanzboden oder auf dem Gussrahmen, oder werden per Hand rhythmisch an die metallenen Streben des Klaviers oder die Saiten gehalten. Im Schlagzeug befinden sie sich auf dem Vibrafon, auf den Crotales, auf dem Fell und am Rahmen der kleinen Trommel. Durch Verlagerung der Positionen der Vibratoren entsteht ein kontinuierliches, fluktuierendes und seine Binnenstruktur ständig veränderndes Klangband, in welchem die beiden Instrumente zu einer untrennbaren klanglichen Einheit verschmelzen.
Der dritte Satz kommt ohne tiefgreifende Präparation der Instrumente aus. Lediglich gegen Ende des Satzes werden die tiefen Saiten des Klaviers mit einem Plektrum gestrichen und verbinden sich so mit dem von einem Reibestock traktierten Tamtam. Dies dient als Interpunktion einer Entwicklung, in welcher eine dichtverwobene, auf mehreren Ebenen spiegelsymmetrisch angelegte Struktur des Vibrafons bzw. der Crotales und des Klaviers sich graduell in immer größere Höhe schaukelt bis die Spieler*innen dort performativ „einfrieren“.

 

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17 Minuten